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Anlage und Umwelt

Die Unterschiede zwischen Individuen lassen sich durch die Unterschiede der ererbten Anlage und der umweltbedingten Unterschiede charakterisieren.  
 
Die Gewichtung des Einflusses von vererbter Anlage und beeinflussender Umwelt ist von großem praktischem Interesse für die erzieherische, heilpädagogische und psychotherapeutische Arbeit. Diese hat nur dann Erfolg, wenn sie nicht nur den Fokus auf die durch Erbfaktoren festgelegte Eigenheiten des Verhaltens richtet. Leider stützt sich eine solche Gewichtung immer noch mehr auf vorgefasste Meinungen als auf in exakter Weise ermittelte Sachverhalte.  
 
Im milieutheoretischen Optimismus gilt die Erbdetermination nur für anatomische und physiologische Merkmale. Das Verhalten selbst wird als umweltabhängig, und zwar als Resultat von Lernvorgängen, aufgefasst. Daher geniesst auch das Individuum in der liberal-demokratische Tradition einen sehr hohen Stellenwert. Diese Position des milieutheoretischen Optimismus wird vor allem von den Anhängern des Behaviorismus (]. B. Watson) vertreten. Daraus folgt aber auch, dass einerseits die Erbanlagen des Einzelwesens sich rückwirkend nicht mehr verändern lassen, und andererseits durch die Gestaltung der Umweltbedingungen Schädigungen eintreten können.  
 
Der milieutheoretische Pessimismus dagegen hält nur die vererbten Anlagen für ausschlaggebend. Der Einfluss von Umwelt und gemachten Erfahrungen auf das Individuum wird als sehr gering angesehen. Eine extreme Ausprägung dieser Haltung sind die Rassedoktrinen. N. Pastore (1949) hat auf eine sehr starke Nahbeziehung zwischen der politischen Grundhaltung von Forschern und deren Eintreten zugunsten eines der beiden geschilderten Standpunkte hingewiesen. In der Gesellschaft zeigt sich dieser milieutheoretische Pessimismus häufig in einer extrem konservativen Einstellung zu politischen Fragen.  
Letzte Änderung: 20.05.2009, 01:28 | 236 Worte