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Anlage und Umwelt

Die Unterschiede zwischen Individuen lassen sich auf zwei Ursachen-Komplexe zurückführen:  
  
1. auf Unterschiede der ererbten Anlage 
2. auf umweltbedingte Unterschiede.  
 
Die Abschätzung der relativen Bedeutsamkeit dieser beiden Komplexe ist von großem praktischem Interesse. Zum Beispiel verspricht sich die erzieherische, heilpädagogische und psychotherapeutische Arbeit in erster Linie dann Erfolg, wenn sie sich auf nicht in starrer Weise durch Erbfaktoren festgelegte Eigenheiten des Verhaltens richtet. Leider spielen allerdings hinsichtlich dieser Abschätzung vorgefasste Meinungen noch immer eine sehr viel größere Rolle als in exakter Weise ermittelte Sachverhalte.  
 
Der milieutheoretische Optimismus lässt die Erbdetermination nur für anatomische und physiologische Merkmale gelten. Dabei wird das Verhalten selbst als umweltabhängig (als Resultat von Lernvorgängen) aufgefasst. Diese Ansicht wird vor allem von den Anhängern des Behaviorismus (]. B. Watson) vertreten.  
 
Der milieutheoretische Pessimismus hingegen, schreibt dem Umwelts- und Erfahrungs-Gebilde nur eine geringe Wirksamkeit zu. Die vererbten Anlagen sind ausschlaggebend. Diese Auffassung fand seinen extremen Ausdruck in den Rassedoktrinen.  
 
N. Pastore (1949) hat auf einen sehr starken Zusammenhang zwischen der politischen Grundhaltung von Forschern und deren Eintreten zugunsten eines der beiden geschilderten Standpunkte hingewiesen. So tritt der milieutheoretische Pessimismus häufig in der Kombination einer Vergesellschaftung mit einer extrem konservativen Einstellung zu politischen Fragen auf. Der milieutheoretische Optimismus hingegen, tritt vor allem bei Vertretern der liberal-demokratischen Tradition auf. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die Erbanlagen des Einzelwesens rückwirkend nicht mehr verändern lassen, sehr wohl aber Schädigungen durch die Gestaltung der Umweltbedingungen eintreten können.  
Letzte Änderung: 21.05.2009, 22:35 | 233 Worte