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Kernthemen im Überblick (up)

 
Die Drei Rogers Variablen im weiterem Detail 
 
Kongruenz, positive Beachtung und empathisches Verstehen, die sogenannten drei Rogers Variablen, von Nykl auch Dispositionen genannt (Nykl & Motschnig-Pitrik, 2002) spielen bei der Personzentrierten Gesprächsführung eine zentrale Rolle. Sie stellen gleichsam die Basiskomponenten eines konstruktiven Klimas dar, in dem optimale Weiterentwicklung und optimales Lernen möglich sind. Rogers beschreibt ihre Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwar an einigen Stellen, ansonsten wird ihre Wirkung jedoch als eine Einheit angesehen und mit dem Begriff des Zusammenfließens verbunden. Ziel dieser Charakterisierung ist, die drei Variablen eingehend zu verstehen und, falls möglich, in Beziehung zu setzen, jedenfalls ihre Einflüsse auch getrennt voneinander zu verstehen zu versuchen, um sie gezielter hilfreich 'einsetzen' und leichter verständlich lehren zu können. Wir halten uns dabei eng an C. Rogers' eigene Definitionen und Beschreibungen, wenngleich fast jeder Personzentrierte Autor seine/ihre eigenen Beschreibungen anführt. So ist jede(r) auch eingeladen, eigene Bedeutungen zu finden und zu symbolisieren. 
 
In dieser Arbeit erscheint es uns besonders wichtig hervorzuheben, was exakt von C. Rogers ausgesagt wurde und welches unsere Interpretationen und Zusätze sind. Dies deswegen, um in erster Linie C. Rogers' Ansatz möglichst transparent darzustellen und zu erklären und dann in weiterer Linie mögliche Interpretationen und Weiterentwicklungen abzugrenzen und somit den Lesern als solche anzubieten. Wir belassen in den Zitaten die Bezeichnung "Therapeut", wenngleich diese Bezeichnung in unserem Kontext auch auf jeweils jene Person zutrifft, die diese Haltung einnimmt und die andere Person sie zumindest zum Teil wahrnimmt. 

Kongruenz (up)

(engl.congruence, realness, transparency, being genuine, being real) 
 
Synonyma: Echtheit, auch Ganzheit, Integriertsein 
Erscheinungen: 
Echtheit, Kongruenz 
Realness, transparency. "I have found that the more that I can be genuine in the relationship, the more helpful it will be. […] Being genuine also involves the willingness to be and to express, in my words and my behavior, the various feelings and attitudes, which exist in me. […] It is only by providing the genuine reality which is in me, that the other person can successfully seek for the reality in him." (Rogers, 1961, S. 33) 
 
Echtheit eines Partners ermöglicht es dem anderen Partner, selbst wiederum echt zu sein (Rogers, 1991, S. 64). 
 
Kongruenz definiert einen Zustand. Offenheit für Erfahrung ist die Art, in der ein innerlich kongruentes Individuum neuen Erfahrungen begegnet (Rogers, 1991, S. 33). 
 
ad Kongruenz des Facilitators in der Beziehung: "…bedeutet, daß die Symbolisierungen der Erfahrungen des Therapeuten in der Beziehung exakt sein müssen, wenn die Therapie effektiv sein soll…. Allein entscheidend ist, daß er exakt 'er selbst' in der Beziehung ist, was immer das Selbst in diesem Moment auch sein mag." (Rogers, 1991, S. 41). 
 
In seinem letzten Buch, "A Way of Being" erfasst Rogers (S. 15) nochmals einen Kernaspekt der Offenheit. Er nimmt klar Stellung, dass diese nur dann mitgeteilt wird, wenn die Person (in Rogers' Ausführung der Therapeut) es als angemessen erachtet: "As for the therapist, what he or she is experiencing is available to awareness, can be lived in the relationship, and can be communicated, if appropriate." (Italics hinzugefügt). 
 

Positive Beachtung (up)

(engl. acceptance, positive regard) 
 
Synonyma: Akzeptanz, (gelassene) Akzeptierung (Rogers, 1983, S. 182), Anerkennung, Achtung, positive Wertschätzung, positiver Bezug 
Erscheinungen: 
Folge der positiven Beachtung: nicht wertende, gelassen akzeptierende Haltung (Rogers, 1983, S. 184) gegenüber dem Klienten, Abschwächen der Bewertungsbedingungen und Ersetzung durch den organismischen Bewertungsprozess. 
 
Acceptance, positive regard. "I find that the more acceptance and liking I feel toward this individual, the more I will be creating a relationship which he can use. By acceptance I mean a warm regard for him as a person of unconditional self-worth, of value no matter what his condition, his behavior, his feelings. It means a respect and liking for him as a separate person, a willingness for him to possess his own feelings in his own way." [Rogers 1961, p. 34] 
 
Positive Beachtung: "Wenn ich bei einem anderen Selbsterfahrung wahrnehme, und dies zu einer positiven Veränderung meines Erlebnisfeldes führt, dann erlebe ich dem anderen gegenüber positive Beachtung. …"(Rogers, 1991, S. 35) 
 
Bedingungslose positive Beachtung bezieht sich auf eine andere Person oder auf sich selbst ("Bedingungslose positive Selbstbeachtung") 
Die Voraussetzung für bedingungslose positive Selbstbeachtung ist bedingungslose positive Beachtung durch eine maßgebliche andere Person: 
"Zunächst muss wohl positive Beachtung durch andere erfahren werden." (Rogers, 1991, S. 35f) 
 
Def.: "Wenn die Selbsterfahrungen eines andern durch mich in der Art und Weise wahrgenommen werden, dass keine dieser Selbsterfahrungen danach unterschieden wird, ob sie meiner positiven Beachtung mehr oder weniger wert sind, dann erlebe ich bedingungslose positive Beachtung für diese Person." (Rogers, 1991, S. 34f) 
 
"Wir sind der Meinung, daß eines der entscheidenden Elemente in der therapeutischen Beziehung die 'Wertschätzung' des Therapeuten für die gesamte Person des Klienten ist. Tatsächlich empfindet er und zeigt er bedingungslose positive Beachtung im Hinblick auf die Erfahrungen, vor denen der Klient sich fürchtet, oder deren er sich schämt. Und zwar in genau derselben Weise wie den Erfahrungen gegenüber, die den Klienten erfreuen und befriedigen. Nach unseren Erfahrungen hilft dies, Veränderungen herbeizuführen. Allmählich akzeptiert der Klient seine eigenen Erfahrungen mehr und mehr, was ihn wiederum zu einer einheitlicheren oder kongruenteren Person macht, die sich effektiver zu Verhalten weiß." (Rogers, 1991, S. 35f) 

Empathie (up)

(eng. empathy, empathetic understanding) 
 
Synonyma: empatisches Verstehen, tiefes Verstehen aus dem Bezugsrahmen des Klienten 
Erscheinungen: 
Understanding, empathy. "[…] I feel a continuing desire to understand - a sensitive empathy which each of the client's feelings and communications as they seem to him at that moment. Acceptance does not mean much until it involves understanding. It is only that I understand the feelings and thoughts which seem so horrible to you, or so weak […] - it is only as I see them as you see them and accept them and you, that you feel really free to explore […] your inner and often buried experience. […] There is implied here a freedom to explore oneself at both conscious and unconscious levels." (Rogers, 1961, S. 35) 
 
Def.: "Empathisch zu sein bedeutet, den inneren Bezugsrahmen des andern möglichst exakt wahrzunehmen, mit allen seinen emotionalen Komponeneten und Bedeutungen, gerade so, als ob man die andere Person wäre, jedoch ohne jemals die 'als ob' Position aufzugeben." [Rogers 9191, S 37] 
 
(Rogers, 1991, S. 53, 2a) 
"Hierzu muß der Rahmen des empathischen Verstehens vorhanden sein, damit die bedingungslose positive Beachtung vermittelt werden kann." 
 
ad Empathisches Wissen: Empathische Schlußfolgerungen voll auszuschöpfen führt zu einem Wissen über die subjektive Welt des Klienten, das die Grundlagen des Verhaltens und den Prozeß der Persönlichkeitsveränderung besser verstehen läßt. 

Bedingungen des therapeutischen Prozesses (Rogers, 1991, S. 40) und weitere Abhängigkeiten zwischen den drei Variablen (up)

Nach Rogers (1959) sind folgendes die notwendigen und ausreichenden Bedingungen (Gendlin, in Rogers, 1986) dafür, dass ein Entwicklungsprozess erfolgt. 
 
T und K befinden sich in Kontakt, weiters gilt: 
 
Therapeut
Klient
ist kongruent in der Beziehung
ist inkongruent
empfindet bedingungslose positive Beachtung gegenüber dem Klienten
nimmt zumindest in geringem Ausmaß bedingungslose positive Beachtung ihm gegenüber wahr
erfährt empathisch den inneren Bezugsrahmen des Klienten
nimmt zumindest in geringem Ausmaß das empathische Verstehen des Therapeuten wahr
Kongruenz versus empathisches Verstehen und bedingungslose positive Beachtung 
 
"Sind Kongruenz, Ganzheit, Integriertsein des Therapeuten in der Beziehung von Bedeutung, oder sind die spezifischen Haltungen des empathischen Verstehens und der bedingungslosen positiven Beachtung die entscheidenden Aspekte? … Damit die Therapie in Gang kommt, ist die Ganzheit des Therapeuten in der Beziehung von primärer Bedeutung, jedoch sollte ein Teil seiner Kongruenz in der Erfahrung der bedingungslosen positiven Beachtung und des empathischen Verstehens bestehen." (Rogers, 1991, S. 42) 
 
"Je größer das Ausmaß der erlebten bedingungslosen positiven Beachtung durch einen anderen ist, basierend auf dem empathischen Verstehen, umso deutlicher wird die Auflösung der Bewertungsbedingungen sein." (Rogers, 1991, S. 57). Um Missverständnisse zu vermeiden, muss gesagt werden, dass die positive Beachtung nicht in dem gesamten Konzept der anderen Haltungen eingegliedert ist und die Echtheit oft eine nicht eindringliche und belehrende Gegenüberstellung von anderen Erfahrungen darstellt. Der förderliche Ausdruck der Echtheit setzt allerdings einige Erfahrungen voraus. 
"Durch das Gefühl, verstanden zu werden, erlebt Y' eine gewisse Befriedigung seines Bedürfnisses nach positiver Beachtung." (Rogers, 1991, S. 64) 
 
Anmerkung: Wie in späteren Werken von Rogers (Rogers, 1985a) und seinen Nachfolgern (Barrett-Lennard, 1998) ausgeführt ist und durch umfangreiche, weitere Forschung belegt wurde, kann ein konstruktives Klima dann am besten geschaffen werden, wenn der Facilitator alle drei Haltungen, also Offenheit, Akzeptanz und Verstehen einnimmt und die anderen Personen diese drei Haltungen zumindest zum Teil wahrnehmen. Auf die Frage, welche Veränderungen sich tendenziell durch ein Personzentriertes Klima einstellen, gibt der nächste Absatz eine Antwort. 

Ergebnisse im Bereich der Persönlichkeit und des Verhaltens (up)

unwesentlich geküzt nach (Rogers, 1959, S. 44f): 
 
  1. Der Klient ist kongruenter, offener für seine Erfahrung, weniger in Abwehr. 
  2. Er ist realistischer, objektiver, extensionaler in seiner Wahrnehmung. 
  3. Es gelingt ihm besser, Probleme zu lösen. 
  4. Er ist psychisch ausgeglichener, näher an seinem Optimum. 
  5. Als ein Ergebnis der zunehmenden Kongruenz von Selbst und Erfahrung nimmt die Verletzlichkeit durch Bedrohungen ab. 
  6. Als Folge von 2 wird das Selbstideal realistischer, erreichbarer. 
  7. Als Folge der Veränderungen 4,5 sind Selbst und Selbstideal kongruenter. 
  8. Als Folge von zunehmender Kongruenz von Selbst und Selbstideal und der größer werdenden Kongruenz zwischen Selbst und Erfahrung sind alle Arten von Spannungen reduziert […]. 
  9. Die positive Selbstbeachtung nimmt zu. 
  10. Der Klient nimmt den Ort seiner Bewertungen und den Ort seiner Entscheidungen innerhalb seiner selbst wahr. 
    1. Als Folge von 9 und 10 hat er mehr Selbstvertrauen und mehr Eigenverantwortung. 
    2. Als Folge von 1 und 10 werden seine Werte durch den organismischen Bewertungsprozess bestimmt. 
  11. Als Folge von 1 und 2 nimmt er andere realistischer und exakter wahr. 
  12. Er erlebt mehr Akzeptanz durch andere als Folge der abnehmenden Notwendigkeit, seine Wahrnehmungen der anderen zu verzerren. 
  13. Sein Verhalten verändert sich auf vielfältige Weise. 
    1. Indem der Teil der Erfahrung, der der in die Selbststruktur aufgenommen wird, ansteigt, steigt der Anteil des Verhaltens, den man als zum Selbst gehörig bezeichnen kann. 
    2. In umgekehrtem Sinne: Die Anteile der Erfahrung, die als Selbsterfahrungen nicht angenommen werden, die als nicht zu mir gehörig empfunden werden, nehmen ab. 
    3. Also erlebt der Klient sein Verhalten mehr unter eigener Kontrolle. 
  14. Das Verhalten des Klienten wird von anderen als sozialisierter, als reifer wahrgenommen. 
  15. Als Folge von 1, 2, 3 verhält er sich kreativer, neuen Situationen und neuen Problemen gegenüber flexibler und ist eher in der Lage, seine eigenen Absichten und Werte auszudrücken. 
Letzte Änderung: 08.02.2013, 13:39 | 1779 Worte