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Der Personzentrierte Ansatz nach Carl Rogers (up)

 
Seit der Begründung der Personzentrierten Gesprächsführung durch den amerikanischen Psychologen Carl R. Rogers (1902 - 1987), hat dieser Ansatz in der Beratung bereits tausenden Menschen geholfen, wie durch zahlreiche empirische Studien nachgewiesen werden kann. C. Rogers erkannte aus seiner Therapie- und Beratungspraxis, also vollkommen empirisch auf bottom-up Wegen, einfache aber wichtige Voraussetzungen oder Bedingungen für erfolgreiche Beratung. So ist zum Beispiel eine eingehende Analyse der Probleme einer Person weitaus weniger wichtig, als dieser Person genau und verständnisvoll zuzuhören, ihr persönliche Achtung entgegenzubringen und eine offene, echte Konversation mit ihr zu führen. 

Hypothese (up)

Die grundlegende Hypothese des Ansatzes von C. Rogers ist sehr einfach: Unter der Voraussetzung, dass eine hilfreiche Atmosphäre geboten werden kann, die durch Ausstrahlung von Transparenz oder Echtheit, positiver Wertschätzung und dem Entgegenbringen von Verständniss einer Person charakterisiert ist, bewegt sich jede Person, die diese Atmosphäre auch wahrnimmt, auf einen Zustand hin, der am besten in C. Rogers' eigenen Worten wie folgt beschrieben werden kann (Rogers, 1961, S. 37f): 
 
"The other individual in the relationship: 
will experience and understand aspects of himself which previously he has repressed; 
will find himself becoming better integrated, more able to function effectively; 
will become more similar to the person he would like to be; 
will be more self-directing and self-confident; 
will become more of a person, more unique and more self-expressive; 
will be more understanding, more acceptant of others; 
will be able to cope with the problems of life more adequately and more comfortably." 
 
Näheres zu der Entwicklung, die Personen in einer Personzentrierten Atmosphäre zu erfahren tendieren, enthält der Abschnitt Ergebnisse im Bereich der Persönlichkeit und des Verhaltens

Beratung, Unterricht, Gruppen (up)

C. Rogers spezifiziert die erforschten Vorbedingungen als auch den Prozess des persönlichen Wachstums bestechend präzise, fast mathematisch genau in seiner Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen (Rogers, 1959, oder deutsche Übersetzung: Rogers, 1991). Bald in seiner Laufbahn als Berater, Therapeut, aber intensiv auch als Universitätslehrer und Forscher erkennt Rogers, dass die entdeckten Bedingungen nicht nur im zweier Gespräch bedeutend sind, sondern insbesondere auch in Gruppensituationen, wie zum Beispiel bei Lernen oder in Encountergruppen und Workshops. Zahlreiche empirische Untersuchungen untermauern die Erfolge des Personen- oder Studentenzentrierten Unterrichts, der auf denselben Grundlagen beruht wie die Personzentrierte Beratung. In Kürze: Durch grundlegendes Vertrauen in die Studierenden und die Schaffung einer unterstützenden, akzeptierenden und förderlichen Atmosphäre, in welcher der Lehrer die Rolle eines Facilitators (to facilitate = ermöglichen) annimmt, erbringen Studierende höchste kreative Leistungen und entwickeln sich auch persönlich förderlich weiter. Das Vertrauen in die Studierenden wird zum Beispiel dadurch ausgedrückt, dass Sie aufgefordert werden, sich an allen Aspekten der Lehrveranstaltung zu beteiligen und somit die Verantwortung für ihre Lernprozesse mitzutragen. Studierende partizipieren an der Bestimmung der Lernziele, Erarbeiten weite Teile des Stoffes, arbeiten mit KollegInnen zusammen und lösen Probleme, die ihnen echt wichtig scheinen und sprechen auch bei der Beurteilung ihrer Leistungen mit. Dabei ist es gleichgültig, welcher Art der kognitive Stoff ist, also Französich, Neurologie, Psychologie, etc. Wir vermuten, dass die eben genannten Charakteristika effektiven, signifikanten Lernens auch auf die betriebliche Weiterbildung und, noch allgemeiner, auf die Projektarbeit übertragbar sind. Interessierte Leser können eingehende Studien, darunter zahlreiche Case-Studies in (Rogers, 1983) nachverfolgen. Die Wirkungsweise des Personzentrierten Ansatzes in Workshops und Encountergruppen unterschiedlichster Größen ist in (Rogers, 1970), bzw. der deutschen Übersetzung (Rogers, 1984) dokumentiert. Rogers’ Einstellung zur (Aus)bildung kommt in folgendem Zitat klar zum Ausdruck: 
 
"The only man who is educated is the man who has learned how to learn; the man who has learned how to adapt and change; the man who has realized that no knowledge is secure, that only the process of seeking knowledge gives a basis for security. Changingness, a reliance on process rather than upon static knowledge, is the only thing that makes any sense as a goal for education in the modern world." 
Excerpt from a paper by C. R. Rogers (1967), reprinted in the Carl Rogers Reader (1989) 

Andere Ansätze (up)

Bevor wir fortfahren ein kurzer Blick in die psychologische Umgebung. Die Beratungspsychologie und die Psychotherapie befinden sich in einem Zustand heftiger Debatte und Konkurrenz zwischen diversen Schulen. Insbesondere erscheint die klassische Psychoanalyse mit Rogers' humanitärem Ansatz unverträglich zu sein. Diese Unverträglichkeit ist auf die unterschiedlichen Grundeinstellungen zum Menschen zurückzuführen: Der grundlegend destruktiven Grundeinstellung Freud's steht die positive Grundeinstellung und Ausrichtung auf persönliches Wachstum von C. Rogers gegenüber. Jüngere Ansätze, wie z.B. der spieltheorie-basierte Ansatz oder die Transaktionsanalyse (Berne, 1961 u. 1984; Harris, 1970), um nur zwei zu nennen, haben die Tatsache gemeinsam, dass sie Regeln anbieten, um Probleme oder Fehlanpassungen zu erklären. Die Betrachtung des Aspektes von Kontext liefert ein griffiges Kriterium, den Ansatz von C. Rogers von anderen Ansätzen zu unterscheiden: In Rogers' Ansatz erfolgt sämtliche Problemlösung aufgrund der eigenen Einsicht einer Person (nennen wir sie Klient) selbst, innerhalb ihres inneren Bezugrahmens, oder Kontextes. Den äußeren Kontext, der die Problemlösung ermöglicht, bietet ein verständnisvoller, akzeptierender Partner oder Facilitator (ursprünglich und in der Psychotherapie Therapeut genannt), der jene fördernde Atmosphäre herstellt, die für das Wachstum (wie oben in C. Rogers' Worten beschrieben) von Nöten ist. 
 
Wie auch C.Rogers, gehen wir von der Überzeugung aus, dass für jede Person die eigenen Erfahrungen viel nützlicher sind, als Erfahrungen, die übernommen oder sogar introjiziert werden. Unter dieser Annahme ist es naheliegend zu folgern, dass der Personzentrierte Ansatz vielen anderen überlegen sein sollte. Diese anderen Ansätze haben die Eigenschaft gemeinsam, fremde Kontexte und Techniken heranzuziehen, die dann die individuelle Person zwecks Problemlösung nachvollziehen soll. Oder eine zweite Person sucht nach internen Spannungen einer Person, um dieser dann zu helfen, diese Spannungen zu bewältigen. Der Berater spielt also die Rolle des Experten, der letztendlich weiß, wie ein Problem zu lösen ist. 

Problemlösung und Persönlichkeitsentfaltung im Personzentrierten Ansatz (up)

Wir sind überzeugt, dass der Personzentrierte Zugang höchstes Potential besitzt, da er am besten auf die Person selbst abgestimmt ist: auf deren geerbte Eigenschaften, das Erlernte, ihre Gefühle und Werte und - allem voran - ihre eigene Erfahrung. Darüberhinaus hilft der Ansatz eigene Fähigkeiten dorthin zu erweitern, Probleme optimal zu lösen und Persönlickkeitswachstum in Richtung höherer Kreativität, größerer Offenheit und Ausdruckskraft, größerer innerer Ausgeglichenheit, höherer Selbstbestimmung und Selbstzufriedenheit, etc. zu fördern (Rogers, 1995). Solche Eigenschaften sind heute für alle anspruchsvollen Berufe, z.B. die Leitung eines Projektes, um nur ein Beispiel zu nennen, von hervorragender Bedeutung. 

Humanistisches Menschenbild (up)

Dem Personzentrierten Ansatz liegt ein bestimmtes Menschenbild, ein eigenes anthropologisches Konzept, zugrunde. Im Gegensatz zu Freud ist Rogers überzeugt, dass der menschliche Organismus vertrauenswürdig ist und in jedem Organismus eine unermesslich reiche Anlage vorhanden ist, die er dazu freisetzen kann, sich selbst zu verstehen und konstruktiv zu verändern. Schmid schreibt: "Rogers ist aufgrund seiner Erfahrung überzeugt, daß die menschliche Natur vertrauenswürdig und konstruktiv, schöpferisch, sozial und auf Reife hin ausgerichtet ist." (Schmid, 1989, S. 100). Der Mensch wird im Personzentrierten Ansatz im Prozess andauernder Veränderung mit der angeborenen Fähigkeit aufgefasst, sich in Richtung größerer Reife und Funktionsfähigkeit zu entwickeln. Die angeborene Motivationsquelle zu dieser Selbstaktualisierung (Aktualisierung des Selbst) hat Rogers axiomatisch in der Aktualisierungstendenz gesehen, welcher wir gleichsam die Tendenz zur Selbstverantwortlichkeit, Selbstbestimmung und Selbstgestaltung zuordnen können. Rogers nennt gleichsam die Triebfeder zur Weiterentwicklung jedes Organismus, folglich auch des menschlichen, "Aktualisierungstendenz" 

3 Bedingungen (up)

Rogers postuliert drei Bedingungen für den Prozess einer wachstumsfördenden Beziehung als notwendig und hinreichend. Diese Bedingungen, besser Haltungen oder Einstellungen ("way of being") müssen von mindestens einer Person vermittelt und von der anderen Person (den anderen Personen) erfahren werden: 
 
"Für ein solches wachstumfördendes Klima sind drei Voraussetzungen nötig, ob es sich nun um die Beziehung zwischen Therapeuten und Klienten oder zwischen Eltern und Kind, Gruppenleiter und Gruppe, Lehrer und Schüler, Administrator und Mitarbeiter handelt - sie gelten praktisch für jede Situation, in der die persönliche Entfaltung das Ziel ist." (Rogers, 1990, S. 20). 

Grundhaltung (up)

Auch die Personzentrierte Kommunikation entspricht den Grundhaltungen in der Psychotherapie, deswegen wenden wir die Beschreibungen von C.Rogers aus diesem Gebiet an. Bei der Echtheit sprechen wir über eine Grundhaltung und Verwirklichung, die ganz bewusst anstelle von "Methoden" oder "Techniken" steht. "Dadurch soll deutlich zum Ausdruck gebracht werden, daß es nicht um die Anwendung technischer Kunstgriffe oder um isoliert erlernbare Methoden geht, sondern daß es sich um einen Zugang in die und in der Beziehung handelt." (Schmid, 1989, S. 119). Natürlich ist die Beziehung in der betrieblichen Kommunikation oder Kommunikation im Team nicht so intim wie in dem beratenden Klima und die Handlung und betriebliche Ziele stehen im Vordergrund. Hier geht es um mehr Transparenz und soziale Fertigkeiten, die aber mit der Personzentrierten Haltung gefördert werden. 

Kongruenz (up)

Die Echtheit, Transparenz, oder Unverfälschtheit hat Rogers auch Kongruenz genannt, man könnte sie auch Authentizität nennen. Die Echtheit bedeutet, dass sich die Person hinter keiner Maske oder persönlicher Fassade verbirgt, sondern imstande ist, seine Gefühle und ihre Bedeutung wahrzunehmen und zu symbolisieren (zu kodieren und auch weiterzugeben, auszustrahlen). Diese ist in der Situation und Beziehung sie selbst. Im therapeutischen Prozess, meint Rogers, ist allein entscheidend, dass der Therapeut "exakt 'er selbst' in der Beziehung ist, was immer das Selbst in diesem Moment auch sein mag." (Rogers, 1991, S. 41). Je mehr der Berater in der Beziehung kongruent ist und sich hinter keiner persönlichen oder professionellen Fassade verbirgt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kommunikation und Beziehung in konstruktiver Weise entfalten wird. Der Berater lebt seine Gefühle und Einstellungen, die ihn im Augenblick bewegen, offen, sie sind transparent, so dass der Klient ganz klar sieht, was der Berater in der Beziehung ist. "Es besteht also eine enge Entsprechung oder Kongruenz zwischen dem körperlichen Erleben, den Bewußtseinsinhalten und den Mitteilungen an den Klienten." (Rogers, 1990, S. 20) Es ist darauf hinzuweisen, dass Rogers zur Versöhnung von verschiedenen politischen rivalen Gruppen beigetragen hat. Es waren Gruppen in Südafrika, im Nordirland, in Polen und der damaligen Sowjetunion, wofür er für den Nobelpreis nominiert wurde. 
 
Die in einem therapeutischen Prozeß entstehende Veränderung faßt Rogers kurz zusammen: (Rogers, 1985, Seite 46): 
  1. Da der Klient kongruenter ist und weniger Abwehr nötig hat, steht er seinem Erleben offen gegenüber und nimmt mehr Ereignisse genauer wahr. 
  2. Infolgedessen kann er Lebensprobleme besser bewältigen und Beziehungen effektiver gestalten. 
  3. Spannungen aller Art sind verringert… 
  4. Indem der Klient … wird er selbstbewußter und eigenständiger. 
  5. Seine Wertvorstellungen werden von einem organismischen Bewertungsprozeß bestimmt, … Er lernt sein Leben als positive, konstruktive und nützliche Orientierung schätzen. 
  6. Er kann sein Verhalten kontrollieren, verhält sich reifer und hat bessere Beziehungen zu anderen Personen. 
Für uns bedeutet die Echtheit, deren Anteil immer die Empathie und die Akzeptanz ist, dass eine fully functioning person die von der Umgebung zufließenden Inkongruenzen ausgleichen kann und die kongruente Beziehung einzuleiten vermag. Darüber hinaus kann sie mit eigenem Verhalten verursachte Inkongruenzen im Erleben des Partners wahrnehmen und sich intuitiv orientieren. 

Akzeptanz (up)

Die zweite Einstellung ist die bedingungslose positive Beachtung, Wertschätzung, Akzeptanz, Wärme, oder die Anteilnahme. Dies bedeutet, dass Entwicklung oder Änderung dann wahrscheinlich ist (positive Kommunikation), wenn die Person eine positive, akzeptierende Einstellung hat, zu dem, was die andere Person im Augenblick ist. Es ist eine an keine Bedingungen geknüpfte Wertschätzung dieser Person gegenüber. In der Therapie gibt diese Einstellung dem Klienten die Sicherheit, sich dem Gefühl, das ihn im Augenblick erfüllt, zu überlassen - Wut, Verwirrung, Zorn, Mut, Liebe oder Stolz, Feindseligkeit oder Zärtlichkeit, Auflehnung oder Fügsamkeit, Selbstvertrauen oder Selbstentwerten und diese Gefühle allmählich zu ordnen. In der Personzentrierten Kommunikation bedeutet dies, die Sicherheit zu haben, als Mensch akzeptiert zu sein und die eigene Kreativität nicht untergraben zu müssen. Dies bedeutet jedoch nicht, sich unbedingt durchsetzen zu müssen. Die Zuwendung des Beraters in der Beziehung zum Klienten hat keine besitzergreifende oder wertende Komponente. 
 
Die konstruktive Veränderung des Klienten ist wahrscheinlich, wenn die Akzeptanz ein einigermaßen häufiges Element der Beziehung ist. Es ist also nicht erforderlich und als ein "Sollen" aufzufassen, dass der Berater dem Klienten die positive Zuwendung fortlaufend entgegenbringen sollte. 
 
Die positive Zuwendung bedeutet, dass der Berater "den Klienten als Persönlichkeit schätzt […], dass er seinen Klienten auf eine nicht besitzergreifende Weise annimmt, wie um einen Menschen voller Möglichkeiten." (Rogers, 1985a, S. 218). Das Gefühl in dieser Zuwendung ist eine Art von Liebe, die wir als Agape verstehen können. Sie ist "weder patriarchalisch noch sentimental, auch ist sie nicht von einer oberflächlich-liebenswürdigen Zuwendung" (Rogers, 1985a, S. 218). Sie ist nicht besitzergreifend, lässt also der anderen Person alle Möglichkeiten offen und wirkt dann hilfreich, wenn sie auch wahrgenommen wird. 

Empathie (up)

Die Empathie oder das einfühlende Verstehen ist der dritte förderliche Aspekt der Beziehung. Diese Einstellung bedeutet, dass der Berater dem Klienten genau zuhört und dabei versucht, ihn zu verstehen. Er spürt die vom Klienten erfahrenen persönlichen Bedeutungsinhalte und bringt dieses Verständnis dem Klienten entgegen. Es sind nicht nur dem Klienten bewusste und symbolisierte Inhalte, die der Berater beim tiefen Eintauchen der eigenen Gefühle in die innere Welt des Klienten empathisch versteht, sondern manchmal auch die Inhalte, die knapp unterhalb der Bewusstseinsschwelle liegen können. Dies geschieht auch nicht ununterbrochen, besonders die dem Klienten unterhalb der bewussten Ebene liegenden Inhalte werden nur in seltenem "Gelingen" auftauchen. 
 
Das Entscheidende dabei ist die Wahrnehmung des einen Teiles der privaten Sphäre des Klienten, als ob der Berater der Klient wäre. Der Berater hat die Wahrnehmung beider Gefühlsebenen (der eigenen und der des Klienten) differenziert voneinander zu unterscheiden. Dies kann nicht durch eine relativ einfache Übung des Einfühlens, das mit dem Zuhören beginnt, angeeignet werden. Hier ist die ganze Persönlichkeit erforderlich. Nach Rogers' ist Empathie "vielleicht am leichtesten, durch ein Training zu vervollkommen. Berater können sehr rasch lernen, bessere, sensiblere, einfühlsamere Zuhörer zu sein. Zum Teil ist es Übungssache, zum Teil Sache der Einstellung. Um echter oder anteilnehmender zu werden, muss sich der Berater hingegen selbst anders erfahren, und dies ist ein langsamer und komplexer Prozess." (Rogers, 1990, S. 22). 
 
Die praktische Erfahrung sagt, dass die Empathie als empathisches Verstehen bedeutet, die erfahrene persönliche Bedeutung der Gefühle und Meinungen (Vorschlägen) des anderen nicht zu mißbrauchen. Gerade hier ist der Wendepunkt in jeder Beziehung. Darüber hinaus bedeutet das empathische Verstehen, dass die ganze Situation sehr umfangreich und oft sehr schnell wahrgenommen wird und auch in Beziehung zu sich selbst gebracht wird. Soweit diese Erfahrung auf keine eigene Introjektionen stößt, besteht im gesamten Kontext die Wahrscheinlichkeit einer optimalen Lösung der Aufgabe und Fortsetzung einer konstruktiven Kommunikation. Im gesamten Kontext bedeutet die Personzentrierte Kommunikation nicht, dass keine Konflikte entstehen, sie können aber konstruktiv gelöst werden. 

Zusammenwirken der Bedingungen (up)

Wir werden diesen Einstellungen - isoliert betrachtet - kritisch entgegenhalten, dass beispielsweise Ignoranz und Missachtung auch authentisch sein können und eine manipulierende Lenkung durchaus jemandem entsprechen kann. Die Echtheit ist aber eingebettet in das Zusammenwirken aller drei Variablen, was Rogers deutlich immer zum Ausdruck bringt: "Damit Therapie in Gang kommt, ist die Ganzheit (Kongruenz) des Beraters in der Beziehung von primärer Bedeutung, jedoch sollte ein Teil seiner Kongruenz in der Erfahrung der bedingungslosen positiven Beachtung und des empathischen Verstehens bestehen." (Rogers, 1991, S. 42). Eine hilfreiche Beratung kann weder ein Trick noch ein Werkzeug sein, sie kann auch nicht beliebig spontan oder "intuitiv" sein. Der gesamte Kontext ergibt, dass in Ignoranz oder Missachtung einfach keine positive Wertschätzung und kein einfühlendes Verstehen vorhanden sein können. Auch sind zum Beispiel ein gleichgültiges Hinnehmen von Aussagen, ein Heucheln, oder ein "Nach dem Mund Reden" keine Ausdrücke wahrer Akzeptanz, da in all diesen Fällen die Echtheit fehlt. 
 
Das kongruente Zusammenwirken der drei Bedingungen wird häufig ebenfalls als Kongruenz bezeichnet, genauer sprechen wir dann von der Kongruenz in den drei Rogers Variablen. Abbildung [?] enthält eine Skizze zur Darstellung des Zusammenfließens von Echtheit, Akzeptanz und empathischem Verstehen. Der Bereich, in dem sich die drei Variablen überlappen stellt das Ziel dar, die Kongruenz in den drei Variablen. Je größer dieser Bereich zu sein tendiert, umso weiter sind die Personzentrierten Dispositionen der entsprechenden Person entwickelt - umso förderlicher wirkt ihr Verhalten auf andere wie auch auf sich selbst. 
 
Das Zusammenfließen der drei Rogers Variablen Echtheit (ECHT), Akzeptanz (AKZ) und empathisches Verstehen (EMP) im überlappenden Bereich der Kongruenz zwischen den Variablen (KGR).
Abbildung 1: Das Zusammenfließen der drei Rogers Variablen Echtheit (ECHT), Akzeptanz (AKZ) und empathisches Verstehen (EMP) im überlappenden Bereich der Kongruenz zwischen den Variablen (KGR).
Letzte Änderung: 08.02.2013, 13:39 | 2697 Worte