Please disable Adblockers and enable JavaScript for domain CEWebS.cs.univie.ac.at! We have NO ADS, but they may interfere with some of our course material.

Gütekriterien qualitativer Forschung, Zusammenfassung

Qualitative Gütekriterien: Der Ansatz von Flick (1999)

Flick (1999) diskutiert verschiedene Möglichkeiten, einerseits Gütekriterien quantitativer Forschung, wie Reliabilität und Validität, für die qualitative Forschung neu zu bestimmen, andererseits neue Gütekriterien für die qualitative Forschung zu definieren. Ziel ist dabei die Geltungsbegründung qualitativer Forschung: 

Prozedurale Reliabilität:

Da die Qualität der Dokumentation von Daten Grundlage für deren Vergleichbarkeit ist, sollte in qualitativen Studien klar zwischen Daten und Interpretation getrennt werden, außerdem sollte die Vergleichbarkeit der Vorgehensweisen verschiedener Interviewer und Beobachter sichergestellt werden. 
Deshalb wird eine Standardisierung der Aufzeichnungen im weiteren Sinn vorgeschlagen, um die Reliabilität qualitativer Daten zu erhöhen. Konkret beinhaltet dies feste Transskriptionsregeln sowie die Schulung der Interviewer und die Überprüfung der Interviewleitfäden vor Befragungen. Für Beobachtungsstudien bedeutet dies ebenfalls die Schulungen der Beobachter sowie die Evaluation des Beobachtens. Um zu reliablen Interpretationen zu gelangen, sollte eine entsprechende Schulung durchgeführt sowie eine reflexive Verständigung über das Vorgehen bei der Interpretation ermöglicht werden. 

Validität:

Um die Validität einer Untersuchung zu erhöhen, bieten sich folgende Wege an: Bei Interviews ist zu überprüfen bzw. nach Anhaltspunkten zu suchen, inwiefern es gelungen ist, den angestrebten Grad an Authentizität zu erreichen (Analyse der Interviewsituation). Eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Validität besteht in der Kommunikativen Validierung, d.h. in der Einbeziehung der untersuchten Subjekte oder Gruppen, um deren inhaltliche Zustimmung zu ihren Aussagen und Ergebnissen einzuholen. Dieses Vorgehen stösst jedoch auch an Grenzen, wenn z.B. die Sicht des Subjekts systematisch überschritten wird (z.B. bei Interpretationen, die das Unbewusste beinhalten). Ein weiterer Ansatz zur Absicherung der Validität qualitativer Studien besteht in der Umsetzung prozeduraler Validität; der Forscher sollte demnach im Feld möglichst sensibel agieren, d.h. möglichst viele und möglichst genaue Daten sammeln, welche er in einem möglichst offenen und vollständigen Bericht abfasst. Feedback durch das Feld oder Kollegen sollte hier aktiv gesucht werden. 

Triangulation:

Darunter wird die Kombination verschiedener Methoden, Forscher, Untersuchungsgruppen, Settings und Theorien bei der Erforschung eines Phänomens verstanden. Ziel ist dabei weniger die Validierung der Ergebnisse und Methoden, als vielmehr systematisch die Erweiterung und Vervollständigung von Erkenntnismöglichkeiten zu erreichen. 

Analytische Induktion:

Bei dieser Methode wird eine Hypothese fortlaufend anhand von Einzelfällen überprüft; kann sie ein bestimmtes, beobachtetes Phänomen dabei nicht erklären, wird das entsprechende Phänomen entweder umdefiniert, um diesen Fall auszuschließen, oder die Hypothese wird umformuliert. Ziel dieses Vorgehens ist es, schließlich eine allgemeingültige Beziehung zu finden. 
 

Qualitative Gütekriterien: Der Ansatz von Steinke (2000)

Steinke (2000) schlägt folgenden Katalog zentraler Kernkriterien qualitativer Forschung vor, schränkt jedoch ein, dass die einzelnen Kriterien untersuchungsspezifisch, d.h. je nach Anwendung, konkretisiert werden sollten: 

Intersubjektive Nachvollziehbarkeit:

Da eine vollständige Replikation einer qualitativen Untersuchung in der Regel nicht möglich ist, sollten die Ergebnisse stattdessen hinsichtlich ihrer Nachvollziehbarkeit für andere Forscher bewertet werden. Wege, um dies zu erreichen, sind die gründliche Dokumentation des Forschungsprozesses, die Interpretation gesammelter Daten in Forschergruppen, sowie die Anwendung kodifizierter Verfahren (mit der Idee der Vereinheitlichung methodischen Vorgehens). 

Indikation des Forschungsprozesses:

Dieses Kriterium betrifft die Frage nach der Angemessenheit des Vorgehens in einer qualitativen Untersuchung. Auf einer tieferen Ebene ist zu unterscheiden zwischen der Indikation des qualitativen Vorgehens (Wären nicht-qualitative Verfahren angemessener?), der Indikation der Methodenwahl (Sind die Methoden dem Untersuchungsgegenstand angemessen?), der Indikation der Transkriptionsregeln (Sind diese zu ungenau oder zu genau?), der Indikation der Samplingstrategie (Ist die Stichprobe gut gewählt?), der Indikation der methodischen Einzelunterscheidungen im Kontext der gesamten Untersuchung (Passen die Methoden der Auswertung zu jenen der Erhebung?) und der Indikation der Bewertungskriterien (Sind diese dem Gegenstand, der Methode und der Fragestellung angemessen?). 

Empirische Verankerung:

Bei diesem Kriterium geht es um die Frage, inwiefern die Bildung und/oder Überprüfung von Hypothesen anhand empirischer Daten erfolgt. Um dieses Kriterium zu erfüllen, gibt es z.B. folgende Wege: Die Verwendung kodifizierter Methoden (wie der Grounded Theory), die Begründung einer Hypothese oder Theorie durch hinreichende Textbelege, die Verwendung Analytischer Induktion (die fortlaufende Prüfung und eventuelle Abänderung einer Theorie anhand von Einzelfällen), die Ableitung und Prüfung von Prognosen, welche sich aus Hypothesen ableiten lassen, sowie Kommunikative Validierung (Studienergebnisse werden den Untersuchten rückgemeldet, diese bewerten sie hinsichtlich ihrer Gültigkeit).  

Limitation:

Dieses Kriterium dreht sich um die Frage nach der Verallgemeinerbarkeit einer Theorie. Um dieses Kriterium zu erfüllen, können im Vergleich zur Theorie sehr oder nur wenig unterschiedliche Bedingungen untersucht werden (Fallkontrastierung) oder explizit abweichende und extreme Fälle und Gegenbeispiele zur Theorie analysiert werden. 

Kohärenz:

Ist die untersuchte Theorie widerspruchsfrei? Wurden Widersprüche in den Daten und Interpretationen bearbeitet? 

Relevanz:

Dieses Kriterium stellt die Frage nach dem pragmatischen Nutzen der Untersuchung. Folgende Fragen sind hierbei von Bedeutung: Ist die Fragestellung der Untersuchung relevant? Leistet die entwickelte Theorie einen wichtigen Beitrag, z.B. durch neue Erklärungen oder Lösungsansätze? 

Reflektierte Subjektivität:

Inwieweit wurde die subjektive Bedeutung der Forschers als Teil der von ihm erforschten sozialen Welt in der Untersuchung berücksichtigt? Insbesondere: Wurde der Forschungsprozess durch Selbstbeobachtung begleitet, wurden persönliche Voraussetzungen für die Erforschung des Gegenstandes reflektiert, besteht eine Vertrauensbeziehung zwischen Forscher und Informant (als Voraussetzung für die kultur- und gegenstandsangemessene Erhebung von Daten), und erfolgen Reflexionen während des Einstiegs ins Feld (werden z.B. Irritationen oder Unbehaglichkeiten reflektiert und berichtet)? 
 

Qualitative Gütekriterien: Der Ansatz von Mayring (1996)

Mayring (1996) schlägt sechs übergreifende Gütekriterien für qualitative Untersuchungen vor, die er einerseits aus methodenspezifischen Gütekriterien, andererseits aus allgemeinen Überlegungen ableitet: 

Verfahrensdokumentation:

Um den Forschungsprozess für andere nachvollziehbar zu machen, sollte dieser bis ins Detail dokumentiert werden; dies betrifft vor allem die Explikation des Vorverständnisses, die Zusammenstellung des Analyseinstrumentariums, die Durchführung und Auswertung der Datenerhebung. 

Argumentative Interpretationsabsicherung:

Interpretationen, welche sich aus qualitativen Studien ergeben, müssen für andere Forscher nachvollziehbar sein und deshalb begründet werden. Dazu müssen einerseits die jeweiligen Interpretationen ein adäquates Vorverständnis aufweisen, andererseits muss jede Interpretation in sich schlüssig sein. Alternative Interpretationen sollten ebenfalls berücksichtigt und überprüft werden. 

Regelgeleitetheit:

Obwohl qualitative Forschung in der Regel flexibler ist als quantitive Forschung, sollte sie nicht völlig unsystematisch sein. Stattdessen sollte schon am Anfang der Untersuchung eine ungefähre Vorstellung vorhanden sein, was wie und in welcher Reihenfolge untersucht wird (z.B. über Ablaufmodelle der qualitativen Forschung). Abweichungen von der ursprünglichen Planung sind zwar möglich, sollten aber begründbar sein. 

Nähe zum Gegenstand:

Eines der wichtigsten Ziele qualitativer Forschung ist es, möglichst gegenstandsangemessen und „nahe am Gegenstand” zu forschen, indem man z.B. so nah als möglich am alltäglichen Erleben der beforschten Subjekte anknüpft. Außerdem wird versucht, eine Interessensannäherung und -übereinstimmung mit den Beforschten zu erreichen, wie z.B. eine Lösung für soziale Probleme zu erarbeiten. Im Nachhinein sollte überprüft werden, inwiefern dies mit der betreffenden Studie gelungen ist. 

Kommunikative Validierung:

Dies bedeutet, dass die Ergebnisse der Untersuchung im Nachhinein noch einmal mit den Beforschten diskutiert werden und überprüft wird, wie die Beforschten die Gültigkeit der Ergebnisse einschätzen. Dabei sind zwar auch die Einflüsse von Mythen, Ideologien und Stereotypen der Beforschten zu beachten, andererseits kann eine gelungene kommunikative Validierung ein wichtiges Argument zur Absicherung der Ergebnisse einer Untersuchung sein. 

Triangulation:

Ziel der Triangulation ist es, die Qualität der Forschung durch Verbindung mehrerer Analysegänge zu vergrößern. Dies kann durch Verwendung unterschiedlicher Datensätze, Interpreten, Methoden oder Theorien geschehen; Ziel ist dabei jedoch keine völlige Übereinstimmung der verschiedenen Ansätze, sondern deren Stärken und Schwächen aufzuzeigen. 
Letzte Änderung: 15.10.2014, 13:11 | 1166 Worte